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Jessy Meden im Interview: “Wir haben uns gefühlt wie Stars”

30 Jahre CABUWAZI: Jessy Meden im Interview

Jessy Meden ist mit CABUWAZI groß geworden! Seit der Gründung vor 30 Jahren hat sie schon so einiges im Zirkus erlebt und kennt CABUWAZI von wirklich allen Seiten. Sie war Trainingskind der ersten Stunde, Hilfstrainerin und anschließend Trainerin. Sie hat die Weiterbildung zur Zirkuspädagogin abgeschlossen, war Koordinatorin in Kreuzberg und ist dort heute eine der zwei Standortleitungen. Jessy hat als Trainingskind bei unzähligen Shows mitgewirkt, als Trainerin Produktionen konzipiert und prägt heute mit ihren Entscheidungen das Bild des Kreuzberger Standortes. Bis heute hat sie auf jedem der 6 Standorte – außer unserem jüngsten in Hohenschönhausen – schon gearbeitet! Mit uns hat Jessy über die Anfänge bei CABUWAZI, besondere Erlebnisse und darüber, was ihr heute als Leitung wichtig ist, gesprochen!

 

 

Wie bist du zu CABUWAZI gekommen?

Ich war 12 Jahre alt und meine Tante hatte von einem Zirkusworkshop in einem Kulturhaus in Alt-Treptow gelesen und mich gefragt, ob ich meine Cousine begleiten kann – damals gab es nämlich noch kein Zelt. Ich hatte gar keine Lust, bin dann aber mitgegangen. Als wir ankamen, wurden mir sofort drei Jongliereier in die Hand gedrückt und ich sollte loslegen. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dann jede Woche wieder gekommen bin.

Wann hat CABUWAZI das erste Zirkuszelt bekommen?

Das erste Zelt wurde in Treptow aufgebaut. Ich habe sogar dabei geholfen. Damals hatten wir einen Einmaster, der keinen Mast in der Mitte hatte und man musste alles schrauben. Der Aufbau war total anstrengend. Vier Monate später wurde dann ein weiteres Zelt in Kreuzberg aufgebaut.

Wie viel Kinder haben in der Anfangszeit bei CABUWAZI trainiert?

Ich denke, es waren ungefähr 30 bis 35 Kinder – es waren die Kinder aus dem Kulturhaus in Treptow und die Kinder des „Kreuzberger Einradchaos“.

Kannst du dich an die erste Show erinnern? Wie hieß sie und worum ging es?

Die erste Show von uns hieß „Konfetti“. Es ging um Frau Vitali! Frau Vitali war eine alte Zirkusartistin und Profi am Trapez. Sie erzählte den Kindern im Hinterhof immer Geschichten aus der Zeit. Eines Tages war sie zu einer großen Gala eingeladen, auf die sie sich sehr freute. Da aber die Uhr im Hinterhof stehen geblieben war, kam sie zu spät und hat die Gala verpasst. Darüber war sie unglaublich traurig. Deshalb haben die Kinder im Hinterhof beschlossen, eine Zirkusvorstellung für sie zu machen.

Mit welcher Disziplin bist du damals aufgetreten?

Angefangen habe ich mit Tellerdrehen – damit hatte ich auch meinen ersten Auftritt. Ich war außerdem recht biegsam und bin deshalb schnell zur Akrobatik gekommen. Von Partner:innenakrobatik über Kontorsion, also extremes Verbiegen, bis zu Tischakrobatik hab ich alles gemacht.

Kannst du uns von einer besonderen Erinnerung aus deiner Zeit als Trainingskind erzählen?

Es gibt richtig viele tolle Erinnerungen! Für mich war die Eröffnung von Galeria Kaufhof am Alexanderplatz zum Beispiel sehr beeindruckend. Der ganze Alex war voller Menschen und wir sind auf einer riesigen Bühne aufgetreten – im Hintergrund war eine Videoleinwand aufgebaut. Ich habe die ganze Show über nicht einmal ins Publikum geguckt, sondern mich auf der Videoleinwand beobachtet.

In dem Backstage-Zelt waren auch bekannte Gesichter wie zum Beispiel die Prinzen – wir haben uns gefühlt wie Stars!

Es gab aber auch ganz viele andere Ereignisse, die mich geprägt haben: Einmal durften wir im Friedrichsstadtpalast mit unserer Show und dem damaligen CABUWAZI Song auftreten, den Reinhard Fißler für uns geschrieben hat – das war unheimlich aufregend!

CABUWAZI hat es mir ermöglicht, viel zu Reisen und Neues kennenzulernen, das hätte sich mein Vater so gar nicht leisten können.

Was war das Besondere an CABUWAZI für dich?

Ganz klar die Gemeinschaft! Wir waren wie eine kleine Familie. Ich habe meine ganze Freizeit bei CABUWAZI verbracht, es war wie mein Wohnzimmer. Ich bin nach der Schule sofort zum Platz und abends erst nach Hause. Wir hatten auch einen Schlüssel für den Platz und durften uns immer im Café treffen und am Wochenende trainieren. Die Trainer:innen haben uns unglaublich vertraut: Wir haben das Zirkus-Café selbst bewirtschaftet, waren einkaufen und haben den Verkauf geregelt. Von der damaligen Standortleitung Britta Niehaus (Anm. d. Red.: Britta leitet heute Alegria – das Institut für Zirkustherapie) bekamen wir ein Budget für das Café, damit mussten wir haushalten. Nach Auftritten konnten wir das Geld durch die Einnahmen wieder zurückzahlen und unsere Jugendgruppenkasse aufbessern und neue Projekte starten. Das hat uns selbstständig gemacht.

Was hat sich bei CABUWAZI in den letzten 30 Jahren verändert?

CABUWAZI ist riesengroß geworden! Früher waren wir so klein, das war wie ein kleines Wohnzimmer. Jetzt sind wir ein Einfamilienhaus. Heute haben wir jede Menge Projekte und decken auf den 6 Standorten und mit der Akademie und Alegria so viele Bereiche und Bedürfnisse ab. Es ist unglaublich, dass so viele Profis bei CABUWAZI arbeiten. Das war damals noch nicht so. Wir sind heute eben professioneller! Es ist ein bisschen so, als wenn wir erwachsen werden. Wir sind 30 Jahre und keine Jugendlichen mehr.

Was ist dir heute als Standortleitung wichtig?

Was mich damals so glücklich als Kind gemacht hat, ist, dass ich mich so sicher auf dem Platz gefühlt habe und in dieser Gemeinschaft groß werden konnte. Deshalb ist es mir wichtig, dass die Kinder sich heute auch sicher fühlen und zu uns kommen können, auch wenn sie kein Training haben. Wir sind gerade in Kreuzberg dabei, dass wieder mehr aufzubauen – es ist unser Ziel, dass die Kinder und Jugendlichen jederzeit kommen können, auch wenn sie kein Training haben.